Kreativität und Phantasie – Kapital des Unternehmers

Ich habe einen Gastronomen gefragt, wie ihn seine Gäste wohl bewerten würden. „Gut!“, antwortete er mir, „meine Gäste sind nicht unzufrieden.

Ich hatte diese Frage gestellt auf der Suche nach Ursachen für die wirtschaftlichen Probleme in denen der Gastwirt steckte. Es war ihm wohl nicht bewusst, wie viel er mit der kurzen Antwort auf meine so harmlos daher kommende Frage von sich Preis gab.

Er fand es gut und damit absolut ausreichend, dass seine Gäste „nicht unzufrieden“ waren. Meine Herren! Unzufriedene Gäste kommen nicht wieder! Dass meine Gäste zufrieden sind, ist doch wohl das Mindeste. Und zufriedene Gäste zu haben ist schon viel besser als Gäste, die „nicht unzufrieden“ sind. Dabei reichen zufriedene Gäste vielleicht gerade einmal zum Überleben – mit viel Glück und Bescheidenheit. Was wir brauchen sind begeisterte Gäste, denn nur die kommen sicher wieder und kurbeln die Mundpropaganda an.

Neben seinem völlig unzureichenden Leistungsanspruch lag aber noch eine Botschaft in seiner Antwort. Er wollte mir zeigen, dass er keine Schuld habe an seiner Misere. Schließlich seien seine Gäste doch „nicht unzufrieden“. Er müsse also doch Vieles richtig machen.

Und er setzte noch eins drauf, indem er mir im weiteren Gespräch erklärte, dass er nahezu rund um die Uhr arbeite, um seine Personalkosten zu senken. Mehr könne er nicht mehr tun, bisweilen leide er ohnehin schon unter Erschöpfungszuständen.

Mit freundlichen Worten habe ich ihm erklärt, dass es für einen Unternehmer keine Fleißbildchen gebe, wir wären schließlich nicht mehr in der Grundschule. Ich sagte ihm, dass seine Lösung nicht in mehr, sondern in weniger Arbeit liege. Ein guter Unternehmer zeichnet sich nicht durch gnadenlose Selbstausbeutung aus, sondern durch Kreativität und Phantasie. Denn Kreativität und Phantasie sind es, die Ideen hervorbringen, die ein Unternehmen zum Erfolg führen. Dazu aber braucht der Mensch geistigen Freiraum. Wer seine Kreativität unter einem unmenschlichen Berg von Arbeit verschüttet, hat aufgehört ein Unternehmer zu sein.

Ich habe ihm erklärt, dass er in einen Mitarbeiter investieren müsse, um wieder unternehmerische Kreativität für sich zurückzugewinnen. Ein Waldspaziergang, auf dem man seine Gedanken schweifen lässt, kann ein Unternehmen mehr voranbringen als eine weitere Stunde Maloche.

Dann wird mein Gastwirt auch bald von allein merken, dass es inakzeptabel ist, Gäste zu haben, die „nicht unzufrieden“ sind und er kann darüber nachdenken, wie er zufriedene Gäste bekommt und schließlich solche, die begeistert sind.

In diesem Sinne!

Euer

Helmut Kammerer

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